„Do you want vinegar?“
Es war im Sommer 1994, als wir mit Motorrad und Zelt auf einem Campingplatz in Nordirland ankamen. Der Campingplatz hatte schon etwas Besonderes, denn er befand sich direkt neben einem Truppenübungsplatz. Entsprechend war die Akustik auf diesem Platz, weil wir ständig großkalibrige Kanonen in Aktion hörten!
Fish & Chips
Es wurde Abend und der Hunger meldete sich. Am Eingang des Campingplatzes hatte sich eine „Fish und Chips“ Bude, also so ein typisch weisser Imbissanhänger, positioniert.
“Dort wird heute Abend diniert”, sagte ich zu meiner Begleitung, denn schließlich wollten wir unauffällig und landestypisch agieren.
Ich zog los, um zwei Portionen Fish & Chips zu besorgen.
In dem „Pommeswagen“, wie er hier im Ruhrpott heißt, stand eine korpulente Frau mit großen Zahnlücken. Sie trug einen weissen Kittel, die unbedeckten Arme waren stark gerötet. Dennoch schien Ihr die Kühle am Abend, der man sich in Irland auch im Sommer gewiss sein kann, nichts auszumachen.
Sie fragte mich nach meinem Wunsch und obwohl ich sie nicht verstand, sagte ich einfach was ich gern hätte. Sie drehte sich um und machte auch genau das, was ich bestellte.
Die verhängnisvolle Frage
Fisch und Pommes waren in der Papiertüte angerichtet, als die verhängnisvolle Frage des Abends kam: “Do you want vinegar?” Der Leser dieser Zeilen wird sich Fragen, warum ausgerechnet das die Masterfrage des Abends gewesen sein soll.
Dazu sollten Sie wissen, dass der Akzent in Nordirland eine Mischung aus Gälisch, Schottisch und Englisch ist. Dazu gesellten sich noch eine unvermeidliche Sprachunverständlichkeit, welche durch die Zahnlücken der Frau hervorgerufen wurden. Zu viel für mich, ich guckte die Frau nur hilflos an. Sie wiederholte es noch zweimal und bei jeder Wiederholung wurde sie ein wenig zorniger. Dann nahm sie eine Flasche mit brauner Flüssigkeit in die Hand und gestikulierte damit über unserem “Dinner”. Es sollte ein Ende haben, schließlich standen noch weitere Personen am Imbisswagen an und ich entschloß mich zu einen „yes“.
Die gute Frau war nicht geizig und sie spendierte uns eine ordentliche Menge der braunen Flüssigkeit, die von Pommes und Fisch geradezu aufgesogen wurde.
Stolz kam ich mit dem Abendessen zum Zelt zurück, sehnsüchtig wurde ich dort schon erwartet. Wir öffneten die Tüten und eine “Gaswolke” aus Essig trieb uns die Tränen in die Augen.
Von diesem Moment an hatte mir geschworen am nächsten Pommeswagen „no“ zu sagen, egal wozu und warum auch immer.