Unterwegs mit dem Reisemobil
Der Running-Gag dieser Reise lautete etwa so: “Wieviel Pakete haben wir noch abzuliefern?”
Damit gemeint war der zum Wohnmobil umgebaute Kastenwagen, mit dem wir auf der Tour nach Slowenien und Kroatien unterwegs waren. Doch wie waren denn nun unsere Erfahrungen mit dem Womo wirklich?
Fast 75.000€ für das Reisemobil
Die 75.000€, die der Händler für das von uns gemietete Reisemobil beim Neukauf aufrufen würde, haben den schlichten Fiat Ducato zu einem ansehnlichen Camper gemacht. Dennoch bleibt der Fiat Ducato auch nach einem Umbau ein großer Lieferwagen, dessen unsensibles Fahrwerk, die laute Geräuschkulisse und die große Seitenwindempfindlichkeit, uns eher weniger zusagte.
Toller Ausblick in Kroatien auf die Insel Pag
Schlechte Sitzergonomie
Dazu gesellte sich eine Sitzergonomie, welche von einer hohen Sitzposition (durch die zusätzlichen Drehgestelle) und kurzer Sitzfläche geprägt war. Um eine angenehme Sitzposition zu finden, bedurfte es viel Einstellarbeit am Sitz. Insbesondere das laute Windgeräusch, welches vornehmlich von der Dachluke hervorgerufen wurde, störte ab 100 km/h doch sehr. Zusammen mit dem brummigen Motorgeräusch und den Schallresonanzen aus dem “Laderaum”, war Musikhören oder eine Unterhaltung nur mit Mühe möglich.
Die kleine Küche war ok, wir hatten jedoch in diesem Urlaub auch nur geringe Ansprüche
Weitere Bilder des Innenraums
Die Innenraumaufnahmen hatte ich mir bis zum Schluss aufgehoben und bei der Übergabe des Fahrzeugs gemacht. Doch leider hatte die Kamera ein Problem beim Speichern der Daten, denn ich hatte zuvor die Speicherkarte herausgenommen :-(((
Die Kamera zeigt immer das letzte Bild an, daher wähnte ich mich in Sicherheit, das kleine rote Blinklicht hatte ich dabei leider übersehen… .
Okey, ich fahre ohnehin bald wieder nach Werne und hole das mit den Bildern des Innenraums nach. Doch zuvor lege ich eine Speicherkarte in die Kamera ein ;-)
Eng geht es im Kastenwagen zu.
Trotz einer Länge von 6,40 Meter, überzeugte mich das Platzangebot im Camper nicht. Eng geht es im Mittelgang zwischen Küche und Bad zu, die Sitzbank der Dinette ist weich gepolstert und durch den steilen Rückenlehnenwinkel, nicht wirklich gemütlich. Der kleine Kleiderschrank war zudem unter dem Kühlschrank im Gang gegenüber des Bads positioniert und durch die Enge nur schwerlich erreichbar. Die Betten waren in unserem Leihfahrzeug längs ausgeführt und hatten, für den leichteren Einstieg, in der Mitte eine Aussparung. Leider war die Länge der Liegefläche auf der Seite des Bads nur für kleinere Menschen ausreichend, daher entschieden wir uns schließlich quer zu schlafen. Die Matratzen waren jedoch bequem; wir hatten dennoch unsere Duvaley-Schlafauflagen dabei, welche zusätzlichen Komfort boten. Dazu knarzten die Möbeleinbauten und die Klappen verursachten ebenso Geräusche, wie auch die Verdunkelungen an den Fenstern im Führerhaus.
Rast an der Adria mit dem Reisemobil
Lauter Motor
Der 2,3 Liter vier Zylinder Motor mit 150 PS verrichtete brav seinen Dienst und entwickelte zwischen 1500 und 2500 U/min. etwas Temperament. Ab 100km/h wurde der Motor brummig laut, ab 2500 U/min. empfand ich das Geräuschniveau des Motors sogar als unangenehm. Die Sechsgangschaltung erwies sich als etwas schwergängig und nicht sonderlich geschmeidig, Lenkung und Kupplung waren dagegen eher leichtgängig. Mit durchschnittlich zehn Liter Diesel pro 100 Kilometern erwies sich der Motor jedoch als recht sparsam.
Kurz vor der Passfahrt in Slowenien
Frontantrieb und unsanfte Federung beim Reisemobil
Der Frontantrieb war soweit ok, bei nasser Fahrbahn zeigte dieser jedoch rasch seine Grenzen auf. Enge Bergaufkehren unter Last führten ebenso zu Traktionsproblemen, wie auch das Anfahren unter diesen Bedingungen. Auf trockener Fahrbahn fuhr der Camper, abgesehen von der schlechten Dämpfung des Fahrwerks, insgesamt angenehm. Kurze Bodenwellen quittiert der lange Radstand mit Nickbewegungen, vergleichbar mit denen eines Wohnwagens im Zugbetrieb
Auf der Habenseite des “Campervans” stehen die noch kompakten Maße, die es ermöglichten an vielen Orten stehen zu bleiben oder durchzufahren. Andererseits vermochten wir den Wagen auf unbewachten Parkplätzen nicht herrenlos stehen lassen.
Stellplatz auf einem Weingut in Slowenien
Diverses Bild zu diesem Fahrzeugkonzept
Auf der Fahrt mit dem ausgebauten Kastenwagen über insgesamt 3400 Kilometern hat sich für uns ein diverses Bild dieses Fahrzeugkonzepts eingestellt. Verwöhnt von englischen Grundrissen, vermochte uns der typische Kastenwagenausbau nicht zu überzeugen. Die Geräuschkulisse der Interieurs habe ich nie vermisst, ebensowenig die Windgeräusche, welche Dachluken erzeugen. Schaltung, Sitzergonomie und Geräuschdämmung sind im PKW um Welten besser. Bei der Fahrzeit konnten wir zwar durchaus Vorteile feststellen, doch während unserer Pausen trafen wir immer wieder auf Gespanne, welche wir zuvor überholt hatten. Das Kastenmobil war jedoch im Vergleich zum Wohnwagen und zum Zeltanhänger schnell fahrbereit und die kompakten Maße erlaubten ein recht entspanntes Fahren in den Städten.
Mein Fazit
Meine persönlichen Erfahrungen klingen krass und nicht wirklich positiv. Doch mit den gefahrenen Kilometern hatte ich mich an die Umstände gewöhnt und mich mit ihnen arrangiert. Doch bei den aufgerufenen Preisen für Wohnmobile erwarte ich Begeisterung und nicht Gewöhnung. Der Vorteil des Reisens mit einem Wohnmobil ist für mich die Übernachtungsmöglichkeit auf Stellplätzen, welche exklusiv für Freizeitmobile geschaffen wurden und ein unkompliziertes Stehen ermöglichen.
Daher mein Rat: Wer sich für einen ausgebauten Kastenwagen interessiert, sollte zunächst einen mieten. Widmen Sie dem Ausbau, also dem Grundriss, große Aufmerksamkeit und wählen Sie möglichst eine starke Motorisierung. Vergleichen sollten Sie auch die Chassishersteller, denn zwischen Renault, Fiat, Volkswagen und Mercedes bestehen durchaus Unterschiede. Wenn Sie englische Wohnwagen, mit deren offenen und lichten Grundrissen, mögen, werden Sie mit einem Kastenwagen wahrscheinlich nicht glücklich werden.
“Wir haben uns von Ihrem Reisebericht ‘Meine Erfahrungen mit einem Reisemobil’ inspirieren lassen und waren davon sehr beeindruckt. Ihr Beitrag hat uns wertvolle Denkanstöße gegeben, die wir gerne an unsere Kunden weitergeben möchten.
Das Team von Hachinger-Camper (https://hachinger-camper.de/) hat die Tour selbst ausprobiert und ist überzeugt, dass sie unseren Kunden dabei helfen wird, ihre Wohnmobil-Reisen noch angenehmer und komfortabler zu gestalten. Daher möchten wir Ihre wertvollen Informationen herzlich an unsere Kunden weiterempfehlen.
Vielen Dank für Ihre großartige Arbeit!
Herzliche Grüße,
Thorsten