HVO 100 Klimadiesel
Im Frühjahr 2024 wurde in Deutschland der Dieselersatzkraftstoff HVO 100 an den Tankstellen eingeführt. Ist dieser Kraftstoff eine gute Alternative für Zugfahrzeuge und Wohnmobile? Meine Recherchen und eigenen Erfahrungen.
HVO 100 Eignung
Bitte prüfen Sie, ob das von Ihnen gefahrene Fahrzeug mit HVO 100 Klimadiesel gefahren werden darf. VW Dieselmotoren sind ab Mitte 2022 für diesen Kraftstoff freigegeben. Eigentlich sollte jeder Motor diesen Kraftstoff ohne Einschränkungen verbrennen können, ungeeignete Materialien bei den Zuleitungen könnten, meines Wissensstands nach, jedoch ein Problem sein.
https://hvo100.team/freigaben-modelle-typen-fahrzeughersteller-hvo100/
Autos mit Elektroantrieb bereiten viel Spaß, doch leider eignen sie sich (noch nicht) für alle Einsatzbedingungen.
Hohe Anzahl von Dieselmotoren im Umlauf
Das mit der Elektromobilität ist ja schön und gut, aber zahlreiche Fahrzeuge im Straßenverkehr werden nun mal mit fossilen Kraftstoffen betrieben und das wohl noch für eine längere Zeit. Es wäre also ratsam, Kraftstoffe einzuführen, die weniger Emissionen in der Gesamtbilanz erzeugen, um die Umwelt zu entlasten.
Was ist HVO 100?
HVO 100 könnte so eine Kraftstoffalternative darstellen. Denn HVO 100 steht für „Hydrotreated Vegetable Oils“, wird also aus Pflanzenfetten gewonnen, die, vereinfacht ausgedrückt, hydriert werden. HVO wird in Reinform oder als Gemisch mit herkömmlichen Diesel angeboten. Dieser Kraftstoff wird an Tankstellen unter der Bezeichnung HVO 100, Klimadiesel oder „XTL“ angeboten. „XTL“ steht für „X to Liquid“, X bezeichnet also einen beliebigen Ausgangsstoff, der zum Kraftstoff weiterverarbeitet wird. Das können zum Beispiel Öle aus Fritteusen sein, denen ein zweites Leben als Kraftstoff zuteilwird. Das klingt zunächst nicht nach einem verlockenden Treibstoff für ein hochentwickeltes Dieselaggregat, doch in der Praxis scheint dieser synthetische Kraftstoff eine vielversprechende Alternative zu sein.
Die Eigenschaften von HVO 100
Nach meinen Recherchen ist die Verbrennung mit diesem Kraftstoff rußärmer und schont den Motor, vor allem im Kurzstreckenbetrieb, vor vorzeitiger „Verkokung“ des Ansaugtracks und des Verbrennungsraums. Diese Verkokung entsteht zum Großteil durch die Abgasrückführung, welche vom Gesetzgeber vorgeschrieben ist, um die Emissionen eines Verbrennermotors zu senken. Darüber hinaus hat der synthetischen Kraftstoff mit einer Cetanzahl von 70 eine deutlich höhere Zündwilligkeit als fossiler Dieselkraftstoff, der lediglich auf 54 kommt. Noch erwähnenswert, vor allem für Wohnmobile, die im Winter nicht genutzt werden, ist die Lagerfähigkeit von HVO 100. Denn HVO 100 behält über einen sehr langen Zeitraum seine hohe Zündwilligkeit, demgegenüber können sich im Dieselkraftstoff, besonders jener mit Bio-Anteil, Bakterien bilden, die den Diesel unbrauchbar machen (Dieselpest).
Die CO2 Reduktion durch HVO 100
Die angestrebte Reduzierung des CO2s um 90% resultiert im übrigen auf dem Modell eines zeitnahen Kreislaufs aus Rohstoffgewinnung und Emittierung. Das von den Pflanzen aufgenommene CO2 wird zeitnah wieder freigesetzt, so entsteht ein Kreislauf von kurzen Zeitabständen. Das gebundene CO2 fossiler Kraftstoffe hingegen ist seit vielen Millionen Jahren gebunden und wird in relativ kurzer Zeit wieder freigesetzt. Allerdings ist die Ökobilanz des Kraftstoffs nicht ganz so toll wie dargestellt, denn ein großer Teil des Rohstoffs wird aus fernen Ländern hergebracht, um die hohe Nachfrage hier zu Lande bedienen zu können!
Irland 2024: Die gesamte Strecke von 3500 Kilometern konnte mit HVO 100 gefahren werden.
Meine Erfahrungen mit dem Kraftstoff
Ich betanke unseren Bulli seit mehreren Monaten ausschließlich mit HVO 100. Ich konnte sogar fast lückenlos die Reise nach Irland im Sommer 2024 mit diesem Kraftstoff durchführen, weil in Irland ebenfalls ein kleines Netz an Zapfsäulen besteht. Dieses kleine Netz reichte völlig aus, um insgesamt 3500 Kilometer mit drei Tankfüllungen zurückzulegen. Der Preis für den Kraftstoff schwankt ebenso wie der für „normalen“ Diesel.
In Irland zahlte ich zwischen 1,66€/l und 1,81€/l, in Deutschland zahle ich zwischen 1,65€/l und 1,86€/l. Zeitweise ist der Preis auf 1,55€/l gefallen, aber Kraftstoffpreise sind in Deutschland ohnehin eine schwer kalkulierbare Größe geworden.
Zusammenfassung
Nach etwa 14000 Kilometern mit dem Klimadiesel kann ich keine erkennbaren Auswirkungen auf den Motor des Bullis feststellen. Der Motor läuft sanft und der Kraftstoffverbrauch ist unverändert. Ich erhoffe mir jedoch auf die Dauer der Verwendung des Kraftstoffs einen positiven Effekt auf das Verbrennungssystem. Ganz nebenbei bleibt in der Ökobilanz vielleicht doch ein positives Fazit übrig.